Der MBA für Juristen / Anwälte
Staatsexamen gemeistert, einige Jahre Berufserfahrung gesammelt – und jetzt? Mit einem MBA für Juristen können Sie sich für neue Stufen auf der Karriereleiter spezialisieren. Wir haben einen Überblick zusammengestellt, welche MBA für Juristen in Frage kommen, was die Unterschiede sind und welche Erfahrungen Absolventen gemacht haben.
Inhaltsverzeichnis
Sind Sie Jurist? Wann haben Sie das letzte Mal Excel auf Ihrem Rechner geöffnet? Elmar Jordan gibt bei Legal Tribune Online zu: „Ich habe vor kurzem zum ersten Mal überhaupt das Excel-Programm auf meinem Computer geöffnet.“ Absolventen eines rechtswissenschaftlichen Studiums sind Experten auf ihrem Fachgebiet, aber wenn es in späteren Karrierestufen um Akquise, Finanzierung oder die Beurteilung wirtschaftlicher Unternehmensentwicklung geht, stoßen viele an ihre Grenzen. Ein MBA könnte also eine Möglichkeit sein, sich auch mit nicht-juristischen Managementfähigkeiten auszustatten.
Das MBA-Studium für Juristen und Anwälte
Wir wollen selbstverständlich nicht alle Juristen über einen Kamm scheren: Natürlich kann man auch ohne MBA als Jurist eine Karriere bis ins Top-Management schaffen, sich mit Excel auskennen und ohne den Abschluss fit in Betriebswirtschaftslehre und Mitarbeiterführung sein und erfolgreich eine eigene Kanzlei führen. Das machen tausende Juristen täglich vor. Aber wer in seiner Beratungstätigkeit ständig mit Gewinn-und-Verlust-Rechnungen, komplexen Bilanzen und Transaktionen zu tun hat, für den könnte sich die Investition lohnen. Vor allem, wenn man die Option in Erwägung zieht, die Karriere nicht als Anwalt, sondern in ökonomischen Funktionen fortzuführen.
So wie z.B. Clemens Schülke, Geschäftsführer einer kommunalen GmbH. Er sagt im Interview:
„Einem Familienrechtler würde ich nicht zwingend einen MBA empfehlen. Wohl aber jemandem, der eine Karriere als Unternehmensjurist oder Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht anstrebt und mit seinem Mandanten eine Sprache sprechen will. Recht ist kein Selbstzweck, ein Unternehmer sucht in erster Linie den ökonomischen Erfolg, nicht unbedingt Gerechtigkeit. Manager und Jurist schauen aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf die gleiche Welt, da ist es hilfreich, wenn man die Motive seines Gegenübers versteht.“
Matthias C., Rechtsanwalt in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hat uns bei einer Anfrage via Xing folgende Empfehlung gegeben:
„Uneingeschränkt empfehlenswert ist ein MBA für:
- Syndikusanwälte in Unternehmen oder Beratungsgesellschaften: Neben Schnittstellenthemen Jura/BWL bieten sich weitere Karrieremöglichkeiten in nicht originär juristischen Positionen an
- Juristen mit Führungsverantwortung: Viele MBA-Programme legen einen großen Wert auf Leadership-Aspekte wie Soft Skills, Projektmanagement-Fundamentals etc., die hierfür hilfreich sind.
Nicht empfehlenswert ist ein MBA hingegen:
- Wenn die aktuelle Stelle ohne Bezug zu betriebswirtschaftlichen Themen steht. Erlerntes Wissen ist dann totes Wissen.
- bei Studienstart ohne Unterstützung durch den Arbeitgeber: Ohne Unterstützung (ideell / nicht zwingend finanziell) ist es schwer, berufsbegleitend ein MBA Studium zu absolvieren. Freie Tage zum Anfertigen von Studienarbeiten oder zum Verschnaufen nach einem Vorlesungs-Wochenende sind wichtig und sollten auch flexibel gewährt werden. Zudem kann durch eine Anpassung im Aufgabengebiet auch theoretisch erlerntes Wissen gleich in der Praxis angewandt werden.“
MBA-Studiengänge für Juristen: Sie sind nicht allein
Schätzungsweise ein Fünftel bis ein Viertel aller Teilnehmer an MBA-Programmen sind Juristen. Nicht alle sind als Anwalt tätig, aber man merkt, dass in dieser Berufsgruppe eine große Nachfrage nach High-Quality-Weiterbildungen im betriebswirtschaftlichen Bereich existiert. Dafür ist der MBA genau richtig.
Trotz dieser hohen Teilnehmerzahlen gibt es allerdings, anders als z.B. bei Ärzten, keine spezialisierten MBA für Juristen. Dies hat den Grund, dass es in den allermeisten Fällen gewünscht ist, Know-how aus der Betriebswirtschaft aufzubauen. Und dafür eignet sich ein generalistisches Studium am besten.
Passende MBA-Studiengänge
Die MBA, die für Absolventen eines Jura Studiums in Frage kommen, kann man in zwei Bereiche unterteilen:
Hierzu zählen die Studiengänge wie Business Administration, General Management, Business Management oder Betriebswirtschaft. Kurzum: Alle, die keine Spezialisierung auf eine Branche oder einen Fachbereich haben. Die Inhalte sind breit gefächert, von Controlling über Finanzierung, Steuerrecht, Kosten- / Leistungsrechnung, Marketing und Projektmanagement bis zu Logistik und Informationsmanagement.
Diese MBA-Studiengänge passen für Juristen eigentlich immer, denn die Teilnehmer werden in die Lage versetzt, Problemanalysen kaufmännisch-wirtschaftlich zu erstellen und sich damit von einer rein juristischen Betrachtungsweise zu lösen.
Bei unserer Recherche trafen wir auch auf einen Rechtsanwalt für Medienrecht, der einen Medien MBA absolviert hat. Oder einen Rechtsanwalt bei einem Insolvenzverwalter, der den MBA Internationales Insolvenz- und Sanierungsmanagement (gibt es mittlerweile nicht mehr) abgeschlossen hatte. Solche Kombinationen können natürlich auch sehr sinnvoll sein, weil Sie sich nicht nur grundlegendes BWL-Wissen, sondern eben auch branchentypisches Detailwissen aneignen.
Es gibt also nicht den einen Weg, um mit einem MBA weiter voranzukommen. Wie so oft im Leben muss man die Vor- und Nachteile verschiedener Studienmöglichkeiten abwägen, um eine Entscheidung treffen zu können.
Ausführliche Beschreibungen aller MBA-Studienmöglichkeiten finden Sie unter dem Menüpunkt Studiengänge.
Fazit: Entscheidung muss gut überlegt sein
Um es klar zu sagen: Für die Mehrzahl der Juristen, vor allem diejenigen, die als Anwälte tätig sind, ist ein MBA nicht unbedingt die richtige Weiterbildung. Wer z.B. auf Familienrecht spezialisiert ist, braucht normalerweise kein großes ökonomisches Wissen. Und wer keine Karriere bis ins Top-Management plant, ist mit einem Master of Business Administration auch meistens schlecht beraten, weil Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis stehen.
Wenn Sie allerdings karriereorientiert sind und einer (juristischen) Tätigkeit nachgehen, die viel mit wirtschaftlichen Fragestellungen zu tun hat (M&A, Unternehmensrecht etc.), kann ein MBA genau die passende Entscheidung sein. Besonders, wenn Sie keinen rein deutschen Studiengang absolvieren, sondern darauf achten, auch Auslandsmodule zu integrieren.
Unser Tipp für die Entscheidungsfindung:
- Recherchieren Sie, welche MBA-Studiengänge in Ihrem Umkreis angeboten werden bzw. welche es als Fernstudium gibt.
- Vergleichen Sie genau, wie die Inhalte vermittelt werden. Ein Fernstudium ist natürlich optimal neben dem Beruf zu leisten, allerdings fehlt der von vielen Absolventen als sehr wichtig erachtete Austausch mit Kommilitonen und meistens auch der Auslandsaufenthalt. Zudem muss man der passende Lerntyp sein. Ein berufsbegleitendes Präsenzstudium hingegen zwingt Sie, Ihre berufliche Tätigkeit recht stark einzuschränken.
- Fordern Sie Informationsmaterial der in Frage kommenden Hochschulen an und vergleichen Sie weitere wichtige Daten wie Kosten und Studieninhalte.
- Entscheiden Sie sich für einen MBA und ziehen Sie das Ding kompromisslos durch! Viel Erfolg!
Erfahrungsberichte von Absolventen
Wir haben via Xing nach Juristen gesucht, die einen MBA erfolgreich abgeschlossen haben und um einen Erfahrungsbericht gebeten. Da nicht jeder Befragte namentlich erkennbar sein wollte, haben wir uns entschieden, nur die Vornamen zu veröffentlichen. Die Aussagen sind aber authentisch und unabhängig verfasst.
Viele weitere Erfahrungsberichte, u.a. auch von Juristen, können Sie in unserer entsprechenden Rubrik lesen.
Liste der Studiengänge
Sie möchten nun nach konkreten Hochschulen und Studiengängen suchen? Dann finden Sie in unserer Datenbank alle MBA Programme. Hier schon mal ein Auszug mit dem Filter "General Management":
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